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Die Luftverteidigungszone West
Ende der Dreißigerjahre des 20.
Jahrhunderts wurde im Westen Deutschlands die sogenannte
„Luftverteidigungszone West“ (LVZ West) geschaffen. Sie sollte –
ähnlich wie der „Westwall“ gegen Bodentruppen – einen
durchgängigen Abwehrriegel gegen Angriffe aus der Luft bilden.
Dieses Ziel konnte jedoch, ebenfalls wie beim Westwall, niemals
erreicht werden.
Die LVZ gliederte sich in
Baden-Württemberg in eine Vor- und eine Hauptzone.
Die Vorzone, welche v. a. die
Aufgabe hatte, Flugzeuge in größere Höhen zu zwingen und dadurch
deren Reichweite zu verringern, befand sich auf den
Schwarzwaldanhöhen in Richtung der französischen Grenze (z. B.
auf dem Schliffkopf und der Hornisgrinde).
Die Hauptzone hingegen wurde weiter im
Landesinneren errichtet und verfügte über ein wesentlich dichteres
Netz von Luftabwehrstellungen.
Rund um das „Dreieck“
Oberndorf, Rottweil, Schramberg gab es eine für Baden-Württemberg
außergewöhnliche Massierung der LVZ, da in diesen drei Städten
jeweils wichtige Rüstungsbetriebe angesiedelt waren. Dies waren
Mauser in Oberndorf (u. a.
Infanteriewaffen und leichte Flakgeschütze), die IG Farben in
Rottweil (Pulver und Kunstseide, u.a. für Fallschirme) und Junghans in Schramberg
(Zünder).
Im Gegensatz zur Vorzone wurden in der
Hauptzone (in der Regel) keinerlei Einrichtungen zur
Bodenverteidigung, wie MG-Schartenstände oder Pak-Stände,
gebaut. Es wurden lediglich betonierte Bettungen für die schweren
Flak-Geschütze und Feuerleitgeräte sowie Unterkünfte für die
Mannschaften (in unterschiedlicher Ausführung) mitsamt der nötigen
Infrastruktur (Wasser-, Stromversorgung) erbaut.
In der Nähe der Stellungen wurden
darüber hinaus sogenannte Flak-Beständelager errichtet, in welchen
die Flak-Geschütze, sonstigen Geräte und Fahrzeuge untergebracht
werden konnten, solange die Stellungen nicht belegt waren. Diese
Lager kann man sich einfach als große rechteckige Hallen vorstellen.
Wer sich ausführlich über die
Luftverteidigungszone West informieren möchte, dem sei das
LVZ-West-Buch
von Friedrich Wein empfohlen.
Allerdings wird der Raum Rottweil
in diesem nur gestreift, dafür werden u.a. Oberndorf und der
Nordschwarzwald ausführlich behandelt.
Informationen zur LVZ
um Oberdorf gibt es auch hier:
http://www.geschichtsspuren.de/forum/viewtopic.php?t=16546
Die
meisten Einträge stammen von meiner Wenigkeit, leider muss man
angemeldet sein, um die Bilder betrachten zu können.
Die mir bisher bekannten schweren LVZ-West-Flakstellungen im Landkreis Rottweil sind:
Nummer |
Standort |
Typ Geschützbettung |
Typ BI |
Typ BII |
Belegung / Sonstiges |
Zustand (Jan. 2013) |
Koordinaten |
1 |
Aichhalden/Sulgen |
Achteckig, genauer Typ unbekannt3 |
Vermutl. Geschützbettung3 |
Vermutl. zwei mehreckige oder runde Stände mit kurzem Verbindungsgang3 |
unbekannt |
Keine Reste vorhanden. |
- |
2 |
Boll |
Achteckig, genauer Typ unbekannt, vermutlich aber abgewandelter Typ Ginnick (teils mit angehängtem Unterstand)2,3 |
Geschützbettung2,3 |
Zwei mehreckige Stände mit kurzem Verbindungsgang2,3 |
Belegung im Mai 1940 nachgewiesen, franz. Aufklärer wurde unter Beschuss genommen und zum Abdrehen gezwungen. |
Alle Bettungen gesprengt, Reste vorhanden. Barackenfundamente teilweise erhalten. |
- |
3 |
Deißlingen |
unbekannt |
unbekannt |
Unbekannt, auf einem Luftbild sind zwei Stände zu erahnen, die jedoch ungewöhnlicherweise erhöht sind.(1),3 |
Belegung des Beständelagers im Jahr 1939 nachgewiesen |
Ein unterirdischer Bunker und eine Baracke erhalten. |
- |
4 |
Dietingen |
Achteckig, genauer Typ unbekannt2,3 |
Vermutl. Geschützbettung2,3 |
Evtl. Geschützbettung; obwohl sehr ungewöhnlich, lassen sowohl Luftbild als auch ein Plan dies vermuten.2,3 |
Stellung vermutlich belegt durch Flakregiment 25 unter Hauptmann Laquay (Quelle).
Darüber hinaus sind mittlerweile hist. Fotos aufgetaucht, die eine
Belegung der Stellung endgültig beweisen (>>
Stellungen Dietingen) |
Zwei Flak-Baracken erhalten. |
- |
5 |
Dornhan |
Ginnick1,4 |
Geschützbettung1,4 |
Geschützbettung1,4 |
unbekannt |
Eine Geschützbettung, ein Blockaus und das Beständelager (als Bauhof genutzt) erhalten. |
- |
6 |
Dunningen |
Achteckig, genauer Typ unbekannt, vermutlich aber ähnlich Vogelsang mit Unterstand2,3 |
Vermutl. Geschützbettung2,3 |
Vermutlich zwei Rechteckige Stände mit geradem Verbindungsgang (ähnlich Schliffkopf)2,3 |
Vermutlich nie belegt. |
Keine Reste vorhanden. |
- |
7 |
Epfendorf |
Ähnlich Ginnick (mit Unterstand)1 |
Vermutl. Geschützbettung2,3 |
Evtl. Geschützbettung?2,3 |
Belegung unbekannt |
2 Geschützbettungen erhalten. |
- |
8 |
Feckenhausen |
Ähnlich Ginnick (mit Unterstand)1 |
Rechteckige Bettung2,3 |
Verm. 2 mehreckige Stände mit geknicktem Verbindungsgang (ähnlich Hornisgrinde)(1),2,3 |
Vermutlich nie belegt
Nordöstlich der Stellung befand sich im sog. Eckerwald das Wüste-Werk 10 zur Gewinnung von Öl aus Schiefer.
Bilder vom Gedenkpfad Eckerwald |
2 Geschützbettungen vollst. erhalten, 2
umgebaut/überbaut, Befehlsstelle II erhalten aber teils
überbaut, ein Unterstand bei BI erhalten |
- |
9 |
Flözlingen |
Ähnlich Vogelsang (mit Unterstand)1 |
Geschützbettung1 |
Zwei Rechteckige Stände mit geradem Verbindungsgang (ähnlich Schliffkopf)1 |
Vermutlich nie belegt
Als Beständelager hätte vermutlich das Lager der Flak-Kaserne Zimmern o.R. mitverwendet mitverwendet werden sollen. |
Bis auf eine demolierte Bettung komplette Batterie
in gutem Zustand erhalten! Barackenfundamente sowie Pumpenhäuschen
(Wasserversorgung) erhalten. |
- |
10 |
Hochmössingen |
Ähnlich Ginnick (mit Unterstand)1 |
Geschützbettung1 |
Verm. 2 mehreckige Stände mit geknicktem Verbindungsgang (ähnlich Hornisgrinde)(1),2 |
Belegung im Mai 1940 nachgewiesen.
Westlich der Stellung befand sich die Funkmessgerätestellung 2.
Ordnung "Hornisse" mit min. einem Würzburg-Riese-Radargerät. Bilder des verbliebenen Sockels
Beständelager noch vorhanden (stark umgebaut). |
Reste einer Geschützbettung und der BI
vorhanden. Unterstand einer zweiten Bettung vorhanden aber teils
übererdet. BII wurde vermutlich intakt übererdet (Nischen
teils erkennbar) |
- |
11 |
Seedorf |
Ähnlich Vogelsang (mit Unterstand)(1) |
Vermutl. Geschützbettung2,3 |
Vermutlich zwei rechteckige Stände mit geradem Verbindungsgang (ähnlich Schliffkopf)2,3 |
Vermutlich nie belegt
Das heute noch vorhandene Beständelager wurde noch während
des Krieges von der Daimler AG genutzt. Angeblich wurden dort
Teile für U-Boote entwickelt/gefertigt. |
Eine halbe Bettung teilweise erhalten |
- |
12 |
Tennenbronn |
Ginnick (ohne Unterstand)1 |
unbekannt |
unbekannt |
unbekannt |
Eine Bettung sowie drei Munitionsbunker erhalten |
- |
13 |
Dürrenmettstetten-Haidenhof |
unbekannt |
unbekannt |
unbekannt |
Das Beständelager befindet sich noch im Lkr. RW, der Batteriebereich hingehen im Lkr. FDS. |
Das Beständelager wurde zur Gemeindehalle umgebaut. |
- |
Quellen:
1 noch vorhanden / (1) noch teilweise vorhanden
2 alliiertes Luftbild aus der Kriegs- oder frühen Nachkriegszeit
3 Plan aus der Nachkriegszeit im Kreisarchiv Rottweil
4 "Die Luftverteidigungszone West" - Friedrich, Florian und Felix Wein
Sofern nicht anders angegeben, sind Pläne der Stellungen im
Kreisarchiv Rottweil vorhanden (und Kopien davon in meinen Unterlagen).
Die Pläne sind aber teils recht ungenau, was die Verwendung und
genaue Bauform der einzelnen Bettungen anbelangt. So ist z.B. die Befehlsstelle
II in Flözlingen als normale achteckige Geschützbettung
eingezeichnet, obwohl diese aus zwei rechteckigen
Geräteständen mit Verbindungsgang besteht usw.
Darüber hinaus befand sich in Zimmern ob Rottweil eine Flak-Kaserne mit großem Beständelager und in Horgen ein Flieger-Beobachtungsbunker.
Die drei Stellungen um Oberndorf (2, 7, 10) werden wie
gesagt in oben genanntem LVZ-Buch ausführlich behandelt und daher
von mir hier (zunächst) ausgespart. Den Rest möchte ich nach und nach aufarbeiten.
Bei Infos jedweder Art zu einer der Stellungen freue ich mich jederzeit über eine E-Mail.
Übersicht der wichtigsten Schutzziele der LVZ-West im größeren Umkreis um Rottweil, ankllicken zum
Vergrößern
Übersicht der
bekannten Einrichtungen unmittelbar um Rottweil
Luftbild
des "Pulverlochs", ankllicken zum
Vergrößern
Das Pulverloch war während des Krieges entgegen anderslautender
"Gerüchte" nicht speziell getarnt. Zumindest liegt mir ein
Luftbild von Anfang 1945 vor
(für Rottweil die gefährlichste Zeit*), auf dem das gesamte
Areal erkennbar ist. Lediglich die tiefstehende Sonne und der daraus
resultierende Schattenwurf sorgen für eine gewisse "Tarnung". Umso
verwunderlicher ist es, dass die Fabrik niemals getroffen wurde.
Nördlich, in Richtung Dietinger Wasen, glaube ich auf dem
Bild allerdings einen Bombenkrater zu erkennen.
*
Erster Jagdbombeangriff am 14. Oktober 1944, ab Februar 1945
schließlich Angriffe auf das gesamte Stadtgebiet und schwere
Beschädigung des Bahnhofs und der Bahnlinie (Quelle: Winfried
Hecht, Rottweil 1802-1970, S. 204 - 205)
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